10 Fragen an: Sir Stephen – unser Experte rund um das BDSM-Thema

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BDSM-Thema Sir Stephen

Er ist unser Experte für Fragen rund um das BDSM-Thema. Mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Expertise beantwortet er eure Zuschriften. Doch was zeichnet ihn als Fachmann auf diesem Gebiet aus? Und welche Vorlieben lebt er privat? Sandra traut sich und stellt ihm ihre Fragen…

Sir Stephen, auf deiner Webseite gibst du ja schon einiges von dir preis. Bereits in Teenager-Jahren hast du das BDSM-Thema für dich entdeckt. Ich persönlich dachte in diesem Alter eher an Pickel, schwärmte für ein paar Jungs und unterhielt mich aufgeregt mit meinen Freundinnen über „das erste Mal“. Du wusstest sofort, wohin dich dein Weg führen sollte?

Nein, natürlich wusste ich es nicht sofort. Bis 17 waren das eher diffuse Gedanken und Gefühle. So war ich zum Beispiel als Kind im Fasching immer bei den edlen Rittern, die die entführte Prinzessin befreien wollten. Erst viel später erkannte ich – total falsche Rolle (lacht)

Auch mein „erstes Mal“ fand noch ganz klassisch statt und da damals zwei unerfahrene Teenager zu Gange waren, war es auch entsprechend.

Mit 17 sah ich dann die erste Verfilmung der ‚Geschichte der O‘ – ein Film, den ich heute keine 5 Minuten mehr ertrage, aber ab da wusste ich, wohin es bei mir geht. Ab da hat mich das Thema BDSM nicht mehr losgelassen.

Wie „straight“ bist du auf diesem Weg? Oder anders gefragt: Kannst du dir für dich ein Sex-Leben ohne BDSM überhaupt noch vorstellen?

Ehrlicherweise kann ich mir ein Sexleben ohne BDSM nicht mehr vorstellen. Ich kann natürlich noch ’normalen‘ Sex haben, es langweilt mich nur relativ schnell. Mit einer Serva zwischendurch mal nur normalen Sex zu haben, finde ich sehr schön, aber Frauen, die mit BDSM nichts anfangen können, sind uninteressant für mich.

Hast du ein eigens dafür hergerichtetes Spielzimmer oder wie kann ich mir dein Schlafzimmer vorstellen? Peitschen an den Wänden, das Bett mit Fesseln vorbereitet und das Kreuz hängt neben der Tür? Wie präsent ist das BDSM-Thema in deinem Alltag?

Mein Schlafzimmer ist von erschreckender Normalität. Etwas spartanisch eingerichtet vielleicht, weil ich weder Schränke noch Fernseher im Schlafzimmer möchte, aber auch ohne Peitschen, Ketten oder Kreuz an der Wand.

Der Hintergrund ist, dass ich BDSM sehr bewusst aus dem Alltag raushalte. Die Tatsache, dass ich dafür eine spezielle Location aufsuche, bringt sowohl mich, als auch meine Servas schon vorab in die richtige Stimmung.

Mal ganz abgesehen von eher pragmatischen Fragen wie dem Schallschutz. Wer wie ich in einer Münchner Altbauwohnung wohnt, riskiert selbst bei Soft-BDSM schnell mal einen Polizeieinsatz (lacht).

Aber im Ernst – das Thema BDSM – oder allgemein geiler Sex – und Alltag beschäftigt mich schon lange und ich bin über die Jahre zu dem Ergebnis gekommen, dass sich beides nicht verträgt. Zumindest habe ich es nie geschafft, beides langfristig zusammenzubringen. Und auch in meinem Umfeld oder bei Paaren, die ich coache ist es ähnlich.

Du stehst auf den Lustschmerz einer Frau: Was sind deine Lieblingsspielzeuge? Probierst du sie selbst vorab an dir aus, um die Wirkung / Intensität zu spüren?

Auch wenn es Spielzeuge gibt, die ich gerne und öfter benutze, versuche ich bewusst keine Standards daraus zu machen. Als Minimalist und Pragmatiker benutze ich in erster Linie meine Hände, denn die habe ich immer dabei.

Und auch der blöde Spruch ‚Das wichtigste bei einem dominanten Mann ist, dass die Hose auch ohne Gürtel sitzt‘ hat für mich einen realen Hintergrund 🙂 .

Ansonsten blicke ich mit Kreativität auf meine Umwelt und nutze lieber ‚Alltagsgegenstände‘ als teure BDSM-Spezialwerkzeuge. Ein relativ preiswerter schlanker Lederriemen macht mir viel Freude oder Gerten aller Art …

Schlagwerkzeuge teste ich nicht an mir, sondern ich beginne bei jeder Frau mit sehr niedriger Intensität und beobachte wie weit ich bei ihr gehen kann. Alles andere macht keinen Sinn, denn jede Frau ist anders empfindlich oder belastbar. Und das kann sich mit der Tagesform auch ändern.

Klammern hingegen teste ich an meiner Zunge. Wenn ich das ertrage, stufe ich sie als ‚aushaltbar‘ ein 🙂 .

Bereits in jungen Jahren hast du das Thema BDSM für dich entdeckt. Wie offen hast du das kommuniziert? Gegenüber deiner Familie, deinem Freundeskreis? Welche Reaktionen hast du erhalten?

Ich bin bis heute sehr zurückhaltend, was die Kommunikation meiner BDSM-Lust betrifft und unterscheide dabei sehr klar nach Ober- und Unterwelt. Bis auf sehr, sehr wenige Ausnahmen, sind alle Menschen, mit denen ich über das BDSM-Thema spreche, selbst Teil der BDSM-Welt.

Der Grund ist ganz einfach, dass ich niemanden vor den Kopf stoßen will, was leider viel zu oft der Fall ist, wenn man davon erzählt.

Du bietest auch Workshops an, sowohl für angehende Novizinnen als auch für interessierte DOMs. Kann dich jeder buchen? Oder hast du eigene Grenzen? Oder anders gefragt: Wie käuflich bist du beim BDSM-Thema?

Ich lehne auch Anfragen ab. In den allermeisten Fällen wegen psychischer Themen. Also immer wenn ich sehe, dass mit dem BDSM-Thema etwas kompensiert werden soll, was damit nicht kompensiert werden kann oder sollte.

Borderlinerinnen zum Beispiel, Frauen, die sich ritzen oder Männer, die mit BDSM irgendwelche Probleme mit Frauen kompensieren wollen, lehne ich ab.

Und natürlich all das, was ich selbst entweder nicht genau genug kenne oder nicht mag. In meinem Fall ist das zum Beispiel der gesamte ‚medizinische‘ Bereich, also Doktorspiele etc.

Aus eigener Erfahrung: Mir hat mal jemand gesagt, er würde niemals eine Frau auspeitschen, bevor er nicht mindestens 4 Stunden mit ihr gesprochen hätte. Wieviel Vorbereitungszeit nimmst du dir, bevor du eine Frau bespielst?

Ja, das ist eine dieser Regeln, von denen es in der Welt rund um das BDSM-Thema viele gibt. Von denen manche einen wahren Kern haben, die aber in ihrer Absolutheit praktisch immer Bullshit sind. Nehmen wir das 4 Stunden Beispiel. Damit wird an einer Zahl festgemacht, wie lange es dauert, bis beide sich gut genug kennen, um zusammen ‚in den Keller zu gehen‘. Ich kann aber mit einer Frau stundenlang Oberflächlichkeiten austauschen und werde danach nicht viel besser wissen, ob sie wirklich bereit ist, oder eben nicht.

Oder ich kann mich mit einer Frau nach ein paar tiefergehenden Messages auf einen Kaffee treffen und wir wissen beide bereits nach 1 Minute dass es passt. Nicht die Dauer, sondern die Intensität ist der Schlüssel.

Richtig ist, dass auch ich keine Frau auspeitsche, die ich nicht ausreichend kennengelernt habe.

Hast du eine Session schonmal abgebrochen? Wenn ja – warum?

Das passiert selten, kommt aber vor. Wobei ich nicht wirklich abbreche, sondern das Ganze in gute Bahnen zu leiten versuche.

Ein relativ aktuelles Beispiel: Eine Frau die zu mir kam, weil sie nach eigenen Worten durch Lustschmerz an Grenzen gebracht werden wollte. Aber bereits nach den ersten Worten (!) von mir fiel sie völlig in sich zusammen, zitterte am ganzen Körper, schluchzte und verlangte trotzdem, dass ich weitermachen, sie festbinden und schlagen solle.

Das habe ich nicht getan, sondern sie lediglich am Arm gepackt und zum Bett geführt. Dort habe ich sie eine gefühlte Ewigkeit nur festgehalten, während sie zum Teil sehr heftig geweint hat. Sie konnte mir auch danach nicht sagen, was zu ihrer Reaktion geführt hat, aber sie meinte zum Abschied, es hätte ihr gut getan, alles rauszulassen. Keine Ahnung, ob das als Abbruch zählt.

Wie stehst du zu dominanten Frauen bzw devoten Männern? Passt das in dein Lebensbild?

Ich kenne sowohl dominante Frauen, als auch devote Männer und beurteile sie nicht. Nur mit dem, was ich tue, gibt es halt außer bei Feten wenig Berührungspunkte.

Aus meinen Coachings weiß ich jedoch, dass viele Fragen oder Probleme geschlechtsunabhängig sind.

Die schönste und die schlimmste Erfahrung für dich als BDSM-Coach – verrätst du sie?

Schlimmste Erfahrung fällt mir keine ein. Selbst der vorhin geschilderte ‚Abbruch‘ war – so schräg sich die Situation damals auch angefühlt hat – letztendlich gut. Es gibt ein paar peinliche Situationen oder eher witzige Momente, in denen alle Beteiligten lachen mussten, aber wirklich schlimm war das nie.

Schönste Erfahrungen gibt es hingegen immer wieder. In meinem Fall sind das die Momente, wenn eine Frau anfängt zu ‚fliegen‘, wenn sie sich wirklich fallen lässt, sich wirklich hingibt, wenn sie unkontrolliert stöhnt oder schreit, all das. Speziell bei Novizinnen ist das immer wieder ein erhebender Moment, der auch einen relativ abgeklärten Dom wie mich lächeln lässt. Wohl gemerkt freundlich lächeln, nicht böse!

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