Wo werden Grenzen gesetzt? Was ist No-Go, was ist Bestrafung? Eine neue BDSM-Frage, die Sir Stephen mit viel Wissen und noch mehr Einfühlungsvermögen beantwortet.
Andrea fragt: Muss ich mich selber aufgeben?
Sich hingeben, aber nicht selbst aufgeben: Ich suche für mich den „Zwischenweg“. Ich bin noch recht neu in der Szene, habe über eine Plattform einen „Dom“ kennengelernt. Nach intensiven Gesprächen haben wir angefangen zu Spielen – und ich habe es genossen! Doch dann kam eine Situation… Er befahl mir, mich hinzuknien und aus einem Schälchen Milch zu trinken. Ich empfand es als sehr erniedrigend und es passt nicht zu meinen Wünschen. Wie offen und ehrlich darf ich auch als Sub meinem Dom gegenüber sein – und wie sehr meine eigene Meinung / Einstellung beibehalten?
Antwort von Sir Stephen
Deine Frage und das dahinterliegende Thema ist wie so vieles sehr individuell und deshalb nicht allgemeingültig zu beantworten. Aber ich versuche es mal mit ein paar zumindest klärenden Worten.
Die kurze lapidare Antwort:
Aus einem Schälchen trinken zu müssen, wird von Dir als sehr erniedrigend empfunden? Dann bitte (!) Deinen Dom es nicht mehr tun zu müssen. Ein guter Dom wird dieses Ritual entweder nur noch als Strafe einsetzen oder – wenn er ohne Schälchen nicht sein kann – sich eine andere Sub suchen.
Die Frage ist jedoch, was hinter diesem Thema steckt. Bei Dir, bei Deinem Dom bzw. generell. Denn zahlreiche Subs empfinden es als sehr erregend, erniedrigende Dinge tun zu müssen. Und Milch aus einem Schälchen zu trinken, gehört da noch zu den eher harmlosen Aufgaben.
Die große BDSM Frage: Gefällt dir Erniedrigung?
Wenn also Dein Dom darauf steht, seine Sub(s) zu erniedigen, Du aber nicht, deutet das auf eine gewisse Inkompatibiltät hin. In diesem Fall gilt das Gleiche wie oben.
Es kann aber auch sein, dass Dir einfach noch das letzte Quäntchen Vertrauen fehlt, um Dich von Deinem Dom gerne erniedrigen zu lassen. Denn zu Erniedrigung im BDSM-Kontext gehört für mich zwingend das Wissen und die Sicherheit, dass damit nicht Du als Person gemeint bist, sondern dass diese Erniedigung Teil des Spiels ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Jedenfalls konnte ich schon mehrfach bei Servas beobachten, dass diese jede Form der Erniedrigung am Anfang kategorisch abgelehnt haben und später – nachdem das Vertrauen gewachsen war – förmlich darum bettelten.
Allerdings hat mich Dein Zusatz „es passt nicht zu meinen Wünschen“ hellhörig gemacht. Ich als Dein Dom würde darauf lächelnd erwidern „Wir sind hier nicht bei Wünsch-Dir-was“.
Es geht nicht um die Wünsche der SUBs
Denn auch wenn ich ehrliches Bitten meiner Servas oft erhöre, auf ‚Wunschzettelsubs‘ reagiere ich schnell allergisch. Ganz grundsätzlich geht es für mich in unserem Spiel eben nicht darum, primär die Wünsche von Subs zu erfüllen. Das ist im Idealfall ein schöner Nebeneffekt, aber nicht der Sinn und Zweck meines Tuns.
Und viele der Servas, die mich besuchen, wollen das auch genau nicht. Sie wollen – abgesehen von ein paar harten Tabus – nicht vorgeben, was passieren soll oder darf und was nicht. Denn dann (O-Ton einer meiner Servas) ‚bin ich ja schon wieder die, die sagt wo’s langgeht‘.
Aber das ist natürlich meine sehr individuelle Meinung und erhebt keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
In diesem Sinne
Sir Stephen
Weitere Themen und BDSM Fragen findet ihr hier.
Stelle deine Fragen an Sir Stephen…